Mittwoch, 29. Juni 2016

Keine Palliativ Versorgung für Martin?

"So unendlich tapfer und geduldig hast du deine unerträglichen Schmerzen ertragen. Es war schwer für uns, dich loszulassen, aber jetzt wissen wir, dass du frei von Schmerz und Leid bist. Dafür sind wir unendlich dankbar."(Der neue Tag 27.6.16)
Gab es für Martin - Jahrgang 1952 - keine Palliativ Versorgung?
Kann ich persönlich daraus lernen, dass ich auch meinen Angehörigen keinen Gefallen tue, wenn ich am nahenden Ende versuche "tapfer" zu sein?
Jedenfalls habe ich kein schlechtes Gewissen bei meinen Bastelarbeiten, die darauf zielen, einen Toaster für die Zündung von Kohlen ohne offene Flamme zu präparieren.

Mittwoch, 22. Juni 2016

Halbvoll oder halbleer?

Das werde ich überlegen, wenn ich heute mittag meinen Chemo-Beutel beobachte.
Halbvoll: Es besteht wieder die Aussicht auf 14 Tage fast normales Leben, in denen ich unbeschwert die kleinen Dinge tun kann, die glücklich machen, wie z.B. den Rasen mähen. Aber ich will die Zeit auch nutzen, um wichtige Dinge zu tun, wie beim Steuerberater Nachlassfragen zu klären.
Da ist dann auch die Dankbarkeit den Menschen im Krankenhaus gegenüber, die einfach nur daran arbeiten, dass es mir wieder eine Weile gut geht.
Halbleer: Beim letzten Zyklus habe ich schon bemerkt, dass die Waffe Chemo stumpf wird - man kann das nicht beliebig lange machen, sagt der Onkologe. Ich erwarte, dass dieser Trend sich fortsetzt. Wohin geht die Reise, wenn die Chemo ganz zu Ende ist? Ich wüsste nicht, dass es noch einmal so einen kräftigen Hammer gegen meinen Krebs gibt.
Irgendwann ist der Beutel ganz leer! Positiv denken: Freue Dich, Du darfst nach Hause gehen!!!

Dienstag, 21. Juni 2016

Krebsalltag: Opioide

Eben habe ich mir noch eine 100mg Tablette Tilidin gegönnt, um gut schlafen zu können - oder bin ich schon süchtig?. Seit einem halben Jahr nehme ich, der in dem anderen Leben nie Tabletten mochte, dieses Zeug. Wiki schreibt: "Das Wirkspektrum von Opioiden ist komplex und sehr unterschiedlich. Die wichtigste Wirkung ist eine starke Schmerzlinderung (Analgesie), was Opioide zu unverzichtbaren und vielgenutzten Arzneimitteln in der Schmerztherapie macht. Unter den vielfältigen weiteren Wirkungen sind Sedierung und der euphorisierende Effekt zu nennen." Gerade mit dem letzten Punkt habe ich ein Problem. Wenn die Wirkung nachlässt, falle ich in ein Loch. Meine Frau merkt das schnell und fragt: "Hast Du auch Deine Tablette genommen?"
Ich wünsche allen eine gute Nacht, besonders meinem Nachbarn, den ich heute wieder in seiner Wohnung traf: Siehe     http://letztabent.blogspot.de/2016/05/menetekel.html

Samstag, 18. Juni 2016

Herunterfahren

Einen modernen PC oder auch ein Smartphone kannst und darfst Du nicht einfach ausschalten, Du musst "Herunterfahren". Da kommen dann Meldungen, dass die eine oder andere "App" noch geschlossen werden muss, oder es wird ein update angeboten.
Im aktuellen Magazin (Nr. 24) der Süddeutschen Zeitung wird das "Herunterfahren" des menschlichen Lebens analysiert (Titel: Bis zum letzten Augenblick). Was passiert in Körper und Geist in den letzten Wochen, Tagen und Stunden? Eine Stufe habe ich im vergangenen Februar schon erlebt: "Dein Appetit vergeht schleichend.... Nichts schmeckt mehr. Kein Fleisch, kein Brot, kein Gemüse, kein Obst. Die Leibspeise nicht, die Krankenkost nicht.... Das ist natürlich, Dein Körper verlangt nicht mehr, was er nicht länger braucht."
Wem das Herunterfahren zu mühsam ist, der kann ja immer noch "einfach den Stecker ziehen", sofern ihm keiner hilft, unsere Gesetzeshüter haben das ja verboten!
Nachdem ein neues Hochfahren nicht geplant und möglich ist, sehe ich "Stecker ziehen" durchaus auch als Alternative, wenn es schlimm wird.

Montag, 13. Juni 2016

853 Monate

bin ich eben alt geworden! (Vor einem Monat wurde ich 71.)
Schon bemerkenswert: Im ersten Lebensjahr zählt man in der Regel das Alter eines Menschen in Monaten.
In meinem Fall zähle ich auch wieder die Monate. So findet man z.B. in der "Ärztezeitung":
Docetaxel verlängert Überleben bei Prostata-Ca
Erstmals (2004) ist in zwei großen klinischen Phase-III-Studien, die beim ASCO vorgestellt worden sind, ein Überlebensvorteil für Patienten mit hormonrefraktärem metastasierten Prostata-Ca durch Docetaxel belegt worden.
Auch hier wird immer in Monaten gerechnet und drei habe ich wohl schon bekommen!

Samstag, 11. Juni 2016

Krebs 1901

In der Nacht keinen Schlaf gefunden, warum nicht einfach mal fernsehen. Wer erscheint am Bildschirm? John Wayne! Es läuft der Film: "Der letzte Scharfschütze"
Books, der berühmte Scharfschütze, sucht wegen schmerzhafter Beschwerden im Rücken den Arzt Dr. Hostetler auf. Hostetler muss dem alten Books die Diagnose Krebs mitteilen. 
Das kommt mir doch irgendwie bekannt vor!!!
Der Arzt verschreibt Laudanum, eine Opiumtinktur, und rät Books, statt des zu erwartenden Siechtums einen schnellen, würdevollen Tod zu suchen. "Lieber 1 Tag ein Tiger, als 1000 Tage ein Schaf!"
In der Tat geht es hoch her, bis alle erschossen und gestorben sind.
Ganz so turbulent wünsche ich mir meinen Abgang einmal nicht. John Wayne selbst ist tatsächlich mit 72 Jahren an Krebs gestorben.
Da heißt es, wir sollen nicht immer an unsere Krankheit denken, aber auch wenn ich nur einfach einen Western sehen wollte, wurde ich wieder darauf gestoßen - und habe dann gegen morgen doch noch Schlaf gefunden.

Mittwoch, 8. Juni 2016

Staging

Muss denn alles englisch sein, dachte ich, als ich diesen Begriff das erste Mal hörte! Doch nun weiß ich: "Durch das Staging eines Tumors kann die Krankheitssituation beurteilt, die Heilungschancen eingeschätzt und eine geeignete Therapie geplant werden."
Randnotiz im Onkologenheftchen,
Was ich heute zu meinem Staging hörte, waren gute und schlechte Nachrichten. Eigentlich sieht es nicht schlecht aus, aber die Richtung meiner "Zielgerade" könnte deutlich werden (siehe Randnotiz).
Jedenfalls wurde beschlossen, die Chemo fortzusetzen. Die Ritter Xtandi und zytiga (http://letztabent.blogspot.de/2014/08/xtandi-zytiga-docetaxel-bicalutamid-wie.html) kommen wohl nicht mehr zum Einsatz!
Docetaxel dagegen nahm den Kampf noch einmal auf und es dauerte 90 Minuten, bis der Beutel leer war. Zusammen mit den drei anderen, neuen Terminen wären wieder 2 Monate gesichert, wenn "Doce" weiterhin so wirkt.

Samstag, 4. Juni 2016

Schön, wenn der Schmerz nachläßt....

Das erlebte ich ab dem 15.März, als die Chemo überraschend gut tat. Nachdem nun leider auch die Wirkung des letzten Zyklus nachlässt, weiß ich, wie schön es ohne größere Beschwerden war. Etwas Luft habe ich noch, die Schmerzmittel wieder auf das Niveau vor Chemo zu steigern. Aber dann bin ich gespannt, was mir am kommenden Mittwoch angeboten wird. Geht es systemisch weiter oder hat man beim CT was gefunden???

Ein bisschen zehre ich auch noch von der Energie, die ich im Kranzbach getankt habe.

Mittwoch, 1. Juni 2016

"Die Zeit ist knapp,

warum das gut für unser Leben ist". So steht auf der Titelseite der Philosophie Zeitschrift "Hohe Luft", die in unserem Hotel aufliegt. 
Das Thema Zeit ist unerschöpflich. Wir unternehmen große Anstrengungen, um Zeit zu sparen und wissen andererseits nicht, was wir damit anfangen sollen, oder müssen wieder "entschleunigen".
Die Autoren diskutieren besonders den Begriff der Terminierung von Aufgaben durch eine "Deadline". Wörtlich aus dem Artikel: "Auch das Leben insgesamt bekommt seinen Sinn erst durch seine ultimative Deadline: den Tod. Wer das Leben zu kurz findet, hat die Herausforderung nicht verstanden. Nur weil es befristet ist, kann es sinnvoll sein."
Hier im Kranzbach konnten wir besonders gut erleben, wie wieder ein Tag vergeht. Neben so tiefen Gedanken über die Zeit konnten wir aber auch locker die Seele baumeln lassen und den Termin morgen im Krankenhaus sehe ich einigermaßen entspannt.