Freitag, 29. Januar 2016

Diagnose Jubiläum

Im Februar werden es zwei Jahre, dass ich - und meine Familie - die Diagnose "unheilbarer Krebs" bekamen. Gestern erhielt ich einen neuen PSA Wert. Seit Mitte des Jahres 2015 steigt dieser Wert konstant an und wird zum Jubiläum dort stehen, wo er bei der Diagnose war!
Der einzige Unterschied: Es gibt nun scheinbar keine wirksame Therapie mehr.
Weil es mir in letzter Zeit sehr gut ging, befolgte ich gerne den Ratschlag, bei meinem Verlauf den PSA-Wert nicht ernst zu nehmen und nicht, wie das Kaninchen auf die Schlange zu schauen.
Seit Beginn des Jahres 2016, das ich am liebsten gar nicht begonnen hätte, häufen sich aber die Beschwerden und beeinträchtigen die Lebensqualität schon massiv.
Am FREITAG, 29. AUGUST 2014 habe ich geschrieben:
"Xtandi, Zytiga, Docetaxel, Bicalutamid - wie würde ich das meinen Enkeln erklären?"
Ich versuchte, meinen Körper als Ritterburg darzustellen, die von einem bösen Feind belagert und irgendwann eingenommen wird. Damals hoffte ich noch auf die "Ritter" wie Xtandi, Zytiga oder Xofigo, die beim Endkampf eingreifen. Doch von denen ist keine Rede mehr. Haben sie sich feige in die Ecke verdrückt???
Wenn der PSA-Verlauf so weitergeht, komme ich Mitte dieses Jahres in einen Bereich, wo die meisten Kurven enden, die ich bei myprostate.eu sehe.
Gestern war ich mit meiner Frau schon bei einem Bestattungsinstitut und einiges ist geregelt. Auch ein Teil der Trauerarbeit wurde ja vor zwei Jahren schon geleistet. So bleibt nur, voll Dankbarkeit auf das großartige Jahr 2015 zu blicken!

Montag, 25. Januar 2016

Familienrat

Alle sind gekommen und wir haben über Alles gesprochen! Es tut gut, keine Geheimnisse bewahren zu müssen. Aufgaben wurden verteilt und mit meiner Frau habe ich einen Beratungstermin bei einem Bestatter vereinbart. Das Kapitel Beerdigung habe ich bislang eigentlich immer stiefmütterlich behandelt, nach Motto, ist mir doch egal...
Aber an dem Abschied von einer nahe stehenden Person habe ich gelernt, das ich da mehr tun muss, so lange ich in der Lage bin. Es ist - glaube ich jetzt - irgendwie auch ein Akt der Wertschätzung der Trauer der Hinterbliebenen, wenn ich versuche, den Abschied persönlich zu gestalten.
Solche Gedanken kommen in der Höhle. Aber bei den Augen zeichnet sich ein kleiner Fortschritt ab. Ich habe schon in das Tageslicht geblinzelt und konnte heute sogar wieder mit dem Fahrrad zu meinen Terminen fahren. Irgendwie wirken die vielen lieben Gedanken und Wünsche doch, danke!

Sonntag, 17. Januar 2016

La Cueva de los Verdes

Wenn ich auf mein Leben seit der Diagnose sehe, muss ich an einen Ausflug auf Lanzarote denken. Inmitten der imposanten Vulkanlandschaft liegt der Eingang zu dieser Höhle. Zunächst ist der Weg leicht und führt über Terrassen, wo man noch innehalten und die Landschaft genießen kann (2015). Dann beginnen die steilen Treppen in das Innere der Höhle, wo Geheimnisse warten.
Letzte Woche bin ich ein paar Stufen hinuntergestolpert und der Weg wird mühsam. Außerdem wird die Internetanbindung schlecht. Wenn auf diesem Blog also nicht mehr viel von mir zu lesen sein wird, liegt es am WLAN...

Nur einer konnte konkret helfen

Eine schlimme Woche liegt hinter mir. Auch meine Frau meint, vielleicht die schlimmste seit der "Diagnose-Woche" im Februar 2014.
Es fing am Montag mit der Panik bei den Augenproblemen und sofortiger Schädel MRT an. Dann folgten Knochenszintigramm, CT Abdomen und Planung von Bestrahlungen. Schneller als erwartet kam der ernüchternde Therapievorschlag der Urologen, der durch eine, "auf kleinem Dienstweg" erhaltene, Zweitmeinung bestätigt wurde. Zum Abschluss am Freitag noch Start der Bestrahlung mit katastrophalem Ergebnis.
Bei allen Beteiligten möchte ich mich für Ihr Engagement, mir zu helfen, herzlich bedanken!
Leider sind die Ergebnisse ernüchternd, aber ich habe immer um klare Stellungnahmen gebeten und möchte keine falsche Hoffnungen.
Nur einer der Beteiligten konnte einen großen Erfolg erzielen: Als ich meine Augenprobleme analysierte, merkte ich, dass ich Prismen brauche, um die Doppelbilder vermeiden. Ein Experiment mit Teilen von einem zerstörten Trinkglas bestätige das.
Der Augenoptiker nahm meine Arbeiten ernst und besorgte mir ganz schnell professionelle Prismenfolien für meine Brille, so dass ich wenigstens das Bilderchaos in den Augen vermeiden kann.

Mittwoch, 13. Januar 2016

Abducens

Als es mir gut ging, überlegte ich manchmal, wo wird sich der Krebs zeigen, wenn er aus der Deckung kommt. Dass er sich gerade einen kleinen, extrem schwer zugänglichen, Nerv im Schädelinnerern ausgesucht hat, ist echt fies und verursacht die Sehstörungen (Doppelbilder), mit denen ich mich kaum auf die Straße traue.
Der Strahlentherapeut will versuchen, über Bestrahlung was zu retten. Ansonsten sah das Szintigramm schlimm aus. Wer sich damit auskennt zweifelt nicht an den Schmerzen. "Wir haben noch Waffen" meinte der Leiter der Nuklearmedizin. "Ich habe auch eine" sagte ich und als ich kurz andeutete was, schwieg er.
Eine große Freude war, dass der Optiker schon eine Prismen-Folie besorgt und mir eine Brille präpariert hat. Nun kann ich wieder Fernsehen und morgen versuche ich die Straße zu gehen, die jetzt mit der Brille nur noch eine ist.


Montag, 11. Januar 2016

Servus

Meine Lieblingssendung für schlaflose Stunden: Bilderwelten von Servus TV! Eben sind wir über die Loisach geflogen. Genau ein Jahr ist es nun, dass ich die Tickets für die Floßfahrt zu meinem Geburtstag bestellt habe!
Heute hätte ich den Mut dazu nicht mehr, die Krankheit schreitet doch gnadenlos voran und es ist Zeit, zu manchen Dingen "leise Servus" zu sagen. Dazu gehören auch die Bergwanderungen, Radtouren und vieles andere.... Ein Abschied nicht in Bitterkeit sondern in großer Dankbarkeit, (vor allem für das Jahr 2015)!
Danke auch an Herrn Mateschitz für die vielen, wunderschönen Bilder (und die passende Musik aus Hangar 7)!

Freitag, 8. Januar 2016

Letzte Hoffnung

Das war genau der richtige Artikel, den mir heute die Süddeutsche Zeitung in der Rubrik "Wissen" zum Frühstück lieferte!
Es geht um die Interessen der Pharmaindustrie, neue Krebsmittel möglichst frühzeitig zu vermarkten:
"....Viele neue Krebsmittel, die bei Schwerkranken und Angehörigen Hoffnung auslösen, verlängern die Lebenszeit der Betroffenen gerade mal um vier oder sechs Wochen – und das oft auf Kosten schwerster Nebenwirkungen und Komplikationen."
„Es heißt ja oft, bei Krebskranken im fortgeschrittenen Stadium sei jede Nebenwirkung egal – aber das stimmt doch nicht“, sagt Gerd Antes. „Die Zeit, die einem bleibt und die man für den Abschied von der Familie braucht, kann dadurch extrem belastet werden.“
Irgendwie war ich auch in die Falle der Hoffnung auf neue Mittel gelaufen, zumal mir ein guter Freund wiederholt sagte, es sei nie so einfach gewesen, mit unserer Krankheit 5 Jahre zu überleben, wie heute.
Andererseits habe ich noch die Aussage des Arztes im Ohr, den ich im Herbst 15 um eine Zweitmeinung fragte: "Verlassen Sie sich nicht auf 5 Jahre, damit sie nicht enttäuscht sind, wenn es nur zwei Jahre werden!"
Wenn meine gefühlte Lebenskraft mit dem Stand des Akkus an meinem E-Bike vergleichbar wäre, so wird es Zeit, die letzte Strecke sorgfältig zu planen. Die Chance, dass noch eine Ladestation kommt erscheint mir gering!

Dienstag, 5. Januar 2016

Leichter Schwindel

Im SZ Magazin 50/2015 geht es um die Ehrlichkeit im Arztgespräch:
"Kaum ein Patient sagt im Behandlungszimmer die Wahrheit über sich. Die Ärzte wissen das sogar – und haben ihre eigenen Methoden entwickelt, die Patienten zu durchschauen."
"Bei der Frage, ob umgekehrt auch Ärzte Patienten belügen, ziert sich der Hausarzt ein wenig. Onkologen täten das vielleicht manchmal, beispielsweise wenn die Wahrscheinlichkeit, dass der Krebs ausgeheilt werden kann, gering sei. Und weil auch Worte wie Placebos wirken könnten, wähle der Onkologe dann vielleicht eine Formulierung wie: »Es gibt immer wieder Leute, die damit viele Jahre leben.« Das macht dem Kranken Hoffnung. Außerdem gilt als gesichert, dass Patienten ohnehin nur das hören, was sie hören wollen. Und das, was sie gerade noch aushalten."
Mir hat ein Urologe einmal gesagt, er kennt einen Patienten, der schon 13 Jahre mit Knochenmetastasen lebt! 

Benni im Fernsehen

Sie erinnern sich? Am SAMSTAG, 26. SEPTEMBER 2015 wollte ich über den (Prostata)-Tellerrand hinaussehen. Dabei habe ich den jungen Benni kennengelernt, der unheilbar an Darmkrebs leidet. Er führt auch einen Blog.
http://cancelling-cancer.blogspot.de/
Und heute kommt er im Fernsehen:
05.01.2016 21:45 Uhr Zeig mir Deine Welt (1/2)
Moderation: Kai Pflaume | Das Erste
Nach der preisgekrönten und viel beachteten ersten Staffel von "Zeig mir Deine Welt" über Menschen mit Down-Syndrom zeigt Das Erste eine Fortsetzung der berührenden und außergewöhnlichen Doku-Reihe mit Kai Pflaume. In zwei neuen Episoden besucht Kai Pflaume Menschen, die unheilbar krank sind. Wie meistern sie ihren Alltag in dem Wissen, dass ihre Lebenszeit begrenzt ist? Welche Hoffnungen, welche Ängste haben sie, was bringt sie zum Lachen, was ist ihnen wichtig und welche Wünsche wollen sie sich noch erfüllen? Kai Pflaume taucht ein in die Lebenswelt von sechs Menschen und verbringt eine intensive Zeit mit ihnen.
Nachtrag 23Uhr: Lieber Benni, ich habe mich sehr gefreut, Dich in alter Frische bei mir zuhause begrüßen zu dürfen. Den Trip zum Polarlicht hast Du Dir verdient. Und dann steht auch noch die Hochzeit in´s Haus!
                            Respekt vor so viel Lebensmut. Da kann ich von Dir lernen...

Ihre Biographie Im Rückspiegel

Ein Berliner Psychologie-Professor bietet Unterstützung bei der Erstellung der eigenen Lebensbilanz an. Siehe www.lebensrueckblick.info .
Jedes Leben ist eine einmalige Geschichte und mit dem Tod (manchmal auch schon früher) nimmt der Mensch sie unwiederbringlich mit. Soll ich mir die Mühe machen, meine Geschichte in irgendeiner Form aufzuzeichnen?
Wenn ich die Kinder fragen würde, käme da vielleicht ein höfliches "ja". Wenn ich mich aber erinnere, was von meinem Vater geblieben ist, kann ich mir den Aufwand sparen.
Nach seinem Tod steckte jemand die wichtigsten Dokumente in eine größere Schachtel und schrieb mit dem Filzstift "Vater" drauf. Ein einziges Mal haben wir Kinder bei einem Familienfest in dieser Schachtel gekramt, und uns schon gewundert.
Doch nun ruhen die Schätze wieder auf dem Speicher und warten darauf, dass sie gelegentlich (sachgerecht) entsorgt werden.
Da ist das Leben in der Gegenwart doch wichtiger

Freitag, 1. Januar 2016

2016

Wie ein kleiner, trotziger Junge habe ich verkündet, ich mag 2016 nicht: Bitte aus meiner Zeitachse nehmen oder überspringen!
Half alles nichts, wir haben dieses Jahr nun begonnen und als Nahziel hoffe ich auf eine gute Nacht mit meinem unberechenbaren Körper.
Wir besuchten unseren Nachbarn, der das erste Weihnachten ohne seine Resi feiern musste. Er hat Baum und Krippe (unter Schmerzen) aufgestellt. Seine Resi ist für ihn irgendwie immer noch da und er glaubt, Zeichen von ihr zu erkennen Da freue ich mich doch, dass ich noch nicht als Geist unterwegs bin.
Nachtrag 1.1.16 Eine gute Nacht ohne Überraschungen, aber zu meinem Thema "genug" hat mir mein zweites Ich die Leviten gelesen: Da verkünde ich groß "das letzte Abenteuer" und dann will ich einfach eine Runde aussetzen! So geht es nicht!
Aber das ist typisch für die Gratwanderung der Stimmungen und Gefühle, wo der körperliche Schmerz immer wieder auch den Verstand in den Abgrund zieht..
Am 7.1. bin ich beim CT angemeldet und bekomme dann vielleicht mehr Klarheit, was in mir los ist.