Im allgemeinen beantworte ich diese Frage einfach mit "schlecht" und bitte darum, das nun nicht weiter erklären zu müssen.
Morgen muss ich aber meinem Arzt Rede und Antwort stehen und ich weiß, wie wichtig für den Arzt ist, dass ich meinen Zustand beschreibe.
In der ersten Phase der Xtandi Therapie kam ich mit 3 mal 10 mg Morphin aus, heute brauche ich schon bis zu 5 mal diese Tablette.
Ich gehe relativ spät ins Bett.
Dem ersten Aufwachen gegen 3 Uhr folgt ein zweites Aufwachen im Morgengrauen. Da habe ich dann Zahnschmerzen, Pfeifen im linken Ohr, Mundtrockenheit bis hin zu Schmerzen und die bekannte Gefühllosigkeit der linken Schädelhälfte. Massive Doppelbilder sorgen dafür, dass ich erst einmal herumtaumle und ein Auge schließen muss, um mich zu orientieren. Spätestens dann muss ich eine Tablette nehmen, Ich habe schon mit Erfolg ein Capros 10mg (schnell wirkendes Morphin) genommen. Aber die allgemeinen Knochenschmerzen, wie ich sie in http://letztabent.blogspot.de/2017/07/schmerzen.html beschrieben habe, sind (noch) nicht wieder da, bzw. werden ausreichend unterdrückt. Nur die Füße sind morgens oft seltsam dünn und tun weh. Die Stimmung ist mies und ich bin froh, noch einmal mindestens zwei Stunden schlafen zu können.
Gegen 9 Uhr erwachen dann - wohl auch als Wirkung der Morgentablette die Lebensgeister. Zum Frühstück versuche ich alles möglichst in winzige Stücke zu schneiden, damit ich sie in dem ganz kleinen verbliebenen, schmerzarmen Kaubereich rechts noch bearbeiten kann. Ich habe versucht, meinen Mund umzuerziehen, dass er auch auch rechts kaut, geht einfach nicht. Nach dem Frühstück gleich Zähneputzen und zuletzt mit Hilfe der Munddusche alle Speisereste aus den Zahnruinen zu entfernen. Mit der Zunge fühle ich, wie schlimm gerade die Weisheitszähne aussehen müssen und ich muss darauf achten, dass ich mich an den scharfen Kanten nicht verletzte.
Nach dem Frühstück habe ich eine relativ gute Phase und freue mich, wenn ich mich nützlich machen kann und z.B. mit dem Auto zum Einkaufen fahren kann. Ja, das geht noch, aber ich achte sehr darauf, hier kein unnötiges Risiko einzugehen! Der Köper ist noch erfreulich stabil und leistungsfähig.
Mittags wieder der gleiche Kampf mit dem Essen und der Kauarbeit. Schön ist es, ein Weißbier genießen zu können.
Wenn ich das Morphin zu spät nehme, kippt die Stimmung. Ich freue mich auf einen Mittagsschlaf, eine halbe Stunde reicht. Darauf folgt wieder eine Aktivphase - zu tun gibt es immer was, auch bei diesem schönen Sommer im Garten - ich versuche, viele Dinge zu regeln, um einmal kein Chaos zu hinterlassen, wenn ich nicht mehr da bin.
Abends sitze ich viel mit meiner Frau vor der Glotze, wobei ich mich aber auch manchmal ausklinke, und in mein Reich, den Keller, gehe. Später sitze ich dann oft noch am PC und schreibe z.B. in meinen Blog.
So ist zur Zeit, der Alltag! Ich weiß, mit dem kaputten Kopf muss ich leben. So wie einige Therapien, die ich schon hatte, wird auch Xtandi - ich vermute bald - zu Ende gehen und dann sind die gesicherten Therapien eigentlich aufgebraucht. Mal sehen, was meine Ärzte noch vorschlagen?
Aus Berichten weiß ich, dass es anderen Krebskranken noch viel, viel schlechter geht. Trotzdem kommt schon gelegentlich das bekannte Gefühl, "warum gerade ich" und die Traurigkeit, mich von immer mehr Dingen, wie z.B. auch Radfahren, verabschieden zu müssen.
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