Sonntag, 31. Mai 2015

„Wir sind immer GESUND und KRANK zugleich“

erklärt Soziologin Professor Annelie Keil in einem Gespräch mit der Frauenzeitschrift Brigitte.

Gesund sein wollen wir alle, und dafür tun wir ziemlich viel. Dabei ist auch das Kranksein eine Kunst.

... Der zu behandelnde Mensch bleibt ja immer ganz und lässt sich nicht auf einen Maschinenschaden am Körper reduzieren. Die klassische Medizin erforscht die Krankheit, der erkrankte Mensch in seiner biografischen Einzigartigkeit ist weniger ihr Thema. Wichtig für jeden von uns ist vor allem: Ich kann die Krankheit bei keinem Arzt abgeben oder im Krankenhaus deponieren. Wir bleiben ihr verbunden und sind selbst herausgefordert, so gerne wir abhauen möchten.
Jeder ist also für seine Krankheit selbst verantwortlich?
Verantwortung ist hier nicht als Beschuldigung oder moralische Verpflichtung gedacht. Gemeint ist: Ich selbst muss Antworten finden auf die Fragen, die sich mir in der Krise stellen: Wie kann ich all das, was sich als Stärke oder noch vorhandene Gesundheit zeigt, für mich nutzen? Wie können Körper, Geist und Seele einander beispringen und helfen?
Ich hoffe nicht, Sie sagen gleich, Krankheit sei eine Chance?
Nein, das ist in der Allgemeinheit oft zynisch. Was man diskutieren muss: Unter welchen Bedingungen und mit welchen Veränderungen könnte meine Krankheit auch Möglichkeiten und Chancen enthalten und neue Perspektiven erlauben?
Verstehen Sie das unter der Kunst, krank zu sein?
Genau. Es gilt herauszufinden, wie das Erleiden einer Krankheit zur Kreativität und zur Erfindung neuer Lösungen herausfordert. Das ist die Kunst. Man muss eine Art Lebenskünstler sein, der mit der Offenheit der Situation wie mit einem leeren Blatt umgehen kann und noch nicht weiß, welches Bild sich ergeben wird, wenn er mit der Auseinandersetzung beginnt...

Das komplette Interview kann man hier lesen:
http://www.anneliekeil.de/images/Presse/brigitte5_15.pdf

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