Montag, 29. August 2016

Strafe muss sein?

Es war so schön gestern, mit den Kindern und Enkelkindern. Papa/Opa durfte grillen und alle wurden satt.
Da musste ich doch - ganz altmodisch - den Fotoapparat mit Selbstauslöser auf dem Stativ aufbauen und alle machten ihr Sonntagsgesicht.
Die Strafe kam, als ich schlafen wollte und alle Knochen sich schmerzhaft meldeten. Da half kein Fentanylpflaster, kein Ibuprofen und kein Tilidin. Jetzt habe ich noch ein Morphinsulfat draufgelegt und damit bin ich am Ende mit meinem Arsenal.
Übermorgen bin ich wieder in der Onkologie, das wäre dann der Zyklus 13 mit Doce, aber ich bin ja nicht abergläubisch. Wichtig wird, ob das CT vom letzten Mal etwas Auffälliges gezeigt hat!?

Freitag, 26. August 2016

Auf zu neuen Ufern

Das lasen wir in den vergangenen Tagen immer auf unserem Frühstücksset! Vor einem halben Jahr wäre mir dazu nur Folgendes eingefallen: "Entsprechend der Sage stellt der Fluss Styx die Grenze zwischen der Welt der Lebenden und dem Totenreich Hades dar."
Ich sah mich schon in der Gruppe derer, die eine Münze für die Überfahrt bereithalten müssen!
Doch bei diesem Kurzurlaub - Docetaxel und Tilidin sei Dank - gelang es, auch auf der Seite der Lebenden noch etwas Neues zu entdecken. Bei herrlichem Wetter machte auch die Rückreise Spaß und ich freue mich immer, am ganz normalen Leben teilnehmen zu können.

Mittwoch, 24. August 2016

KKU

Die weißen Wegweiser sind schon etwas grau geworden, auf denen noch KKU (Kernkraftwerk Unterweser) zu lesen ist. So wie der krebskranke Henning Mankell oft in seinem seinem letzten Buch "Treibsand" darüber nachdenkt, welche Altlasten unsere Generation  durch den radioaktiven Abfall  produziert hat, so denke auch ich daran, wie ich im Gegensatz dazu die "friedliche Nutzung der Atomenergie" als Fortschritt für die Menschheit erlebt habe.
!978 ging das KKU als eines der stärksten Atomkraftwerke in Betrieb und als ich mit meinen Kindern vor etwa 30 Jahren unseren ersten Urlaub an der Nordsee machte, waren wir dort im Besucherpavillon, wo auch mein Sohn von dem Modell begeistert war.
Meine Krankheit erlaubte es mir, noch einen Traum wahr zu machen: Wir wohnen in Bremerhaven oben im Sail City und man sieht in der Ferne das stillgelegte KKU. Vorne ist ein neues Werk für Off Shore Windkraftwerke zu sehen. Gerade wenn man sich der Begrenztheit des eigenen Lebens bewusst ist, regt das zum Nachdenken an. Diese Woche ist für mich krankenhausfrei, die Beschwerden halten sich in Grenzen und da ist dann auch mal Platz für allgemeine Gedanken!

Dienstag, 16. August 2016

Rente erst mit 69

Finanzexperten der Bundesbank halten es für "unvermeidlich", dass es in Zukunft Rente erst ab 69 gibt. Mit 69 bekam ich, wie viele andere auch, meine Krebsdiagnose!!!

Dank einer großzügigen Altersteilzeitregelung konnte ich meinen Schreibtisch mit 59 räumen. Ein ganzer Lebensabschnitt würde mir fehlen, hätte ich noch 10 Jahre weiterarbeiten müssen.
Meine Frau sagte, lass uns große Reisen machen und die Welt entdecken, solange wir das noch können. Ich habe das zwar nicht verstanden, da ich nie daran dachte, auch einmal alt und krank zu werden. Aber ich bin dem Rat gerne gefolgt und mit zu den Pinguinen gefahren.
Heute sind wir beide froh, nicht mehr in ein Flugzeug steigen zu müssen, denken aber gerne an unsere Reisezeit, die den nächsten Generationen nicht mehr gegönnt ist???

Sonntag, 14. August 2016

Die Zeit läuft

*  Vor 3 Jahren begannen die Rückenschmerzen
*  2,5 Jahre seit Diagnose
*  Nach ersten Behandlungen und guter Zeit, Absturz zu Beginn 2016
*  Von diesem Jahr, das ich eigentlich nicht wollte, sind nun doch fast 2/3  vergangen
*  Bis heute 5 Monate Überleben mit positiver Lebensqualität-Bilanz durch Chemo geschenkt
*  Die Haare haben sich gelichtet, aber die Fingernägel sind noch dran
*  Heute - Tag10 nach letztem Zykel - sieht es recht gut aus
*  Ich sehe meine "Krebskatze" nicht, weiß aber, dass sie da ist und mich belauert
*  Am Donnerstag wieder Termin im Krankenhaus
*  Heute in einer Woche sind wir im Hotel "Sail-City" in Bremerhaven (Bild rechts) und schauen von einer höheren Etage rüber nach Butjadingen ("wenn alles gut geht", auf diesen Nachsatz legt meine Frau großen Wert)
*  Im Herbst hoffe ich noch auf einen Aufenthalt im Kranzbach
*  In 4 Monaten sind wir dann schon in Weihnachtsvorbereitungen
*  Weiter will ich die Zeitachse an diesem schönen Sonntagmorgen nicht bemühen


Mittwoch, 10. August 2016

Uroonkologie, zweites Semester

Vor einem Jahr war alles noch einfach. Mit verschiedenen Medikamenten wurde Testosteron niedergeknüppelt und die Wirkung auf PSA beobachtet. Dass diese Therapie einmal zu Ende sein wird und ich beim mCRPC ankomme, war klar. Ich erklärte meinen Enkeln schon vor 2 Jahren was dann kommen könnte:
http://letztabent.blogspot.de/2014/08/xtandi-zytiga-docetaxel-bicalutamid-wie.html
Heute ist mir bewusst, dass das Zusammenspiel dieser Ritter von größter Bedeutung ist und als wichtiges Thema auf den einschlägigen Fachtagungen diskutiert wird. Ein Freund aus der SHG hat mir einen Bericht vom März 2016 besorgt, aus dem dieses Diagramm stammt:
Natürlich werden wir versuchen, die oberste Kurve (76,5% überleben 12 Monate) zu erreichen. Das gute Anschlagen der Chemo mit DOC könnte eine Basis dafür sein.

Als ich heute morgen nicht mehr schlafen konnte, ging mir ein Bild durch den Kopf, das nur Katzenkenner verstehen: Mein Krebs ist die Katze, die mich kleine Maus erbeutet hat. Die Katze will die Maus gar nicht töten, sondern spielen. Sie gibt ihr immer wieder die Möglichkeit zur Flucht, um sie dann aber, wenn sie vielleicht etwas Hoffnung geschöpft hat, gnadenlos wieder zu fangen. Wenn die Maus aufgeben will, wird sie mit sanften Tatzenschlägen wieder aufgeweckt, solange, bis sie wirklich am Ende ist.

Ist das grausam? Nein, so ist die Natur zu der auch wir Menschen gehören!

Sonntag, 7. August 2016

Geschwistertreffen

Nun hat es also doch noch einmal geklappt, mit meinen drei Schwestern das kleine, traditionelle Sommerfest zu feiern. Es war schon mutig von unseren Eltern, damals um das Kriegsende herum 4 Kinder groß zu ziehen.
Noch ist unser Geschwisterkreis vollständig, zwei meiner Schwager fehlen aber schon, einer hatte Krebs. Hier zeigt sich eben auch, dass vielfach die Männer vor den Frauen gehen.
Es war uns durchaus bewusst, dass ich in einem Jahr eventuell auch nicht mehr dabei bin. Aber diesmal war ich - aufgebaut durch die letzte Chemo - noch einmal der Herr über den Grill und die Enkel sorgten für Leben, ein schönes Fest. Und, im Gegensatz zu den Jahren vorher, haben wir  fast gar nicht über Krankheiten gesprochen!

Meine Bildauswahl: Ganz links bin ich der etwa 10 jährige Junge und rechts mein aktuelles Profilbild - 61 Jahre später! Eine kaum vorstellbare Zeit mit viel Leben liegt dazwischen!

Dienstag, 2. August 2016

Ein guter Rat von Henning Mankell

"So wie sich alles andere in meinem Leben verändert hat, bringt auch jeder Morgen eine neue Herausforderung. Ich muss es schaffen, die Gedanken auf etwas anderes zu lenken als die Krankheit. Einen gewissen Teil meiner täglichen Zeit verwende ich darauf, mich zu fragen, wie ich mich fühle. Ob ich neue Nebenwirkungen verspüre, oder ob es ein guter Tag zu werden verspricht. Gelingt es mir jedoch nicht, mich dann davon los zu reißen und meine Gedanken mit einem wirklich heftigen Schwenkmanövern in eine andere Richtung zu lenken, dann ist die Schlacht für diesen Tag verloren. Dann ist die Gefahr groß, dass Resignation, Überdruss und Angst die Oberhand gewinnen. Was bleibt in dem Fall noch? Sich ins Bett zu legen und den Kopf zur Wand zu drehen?"
In seinem Buch "Treibsand" denkt Henning Mankell über die Welt nach und erzählt wichtige Erlebnisse. Ab und zu geht er auch aktuell auf seine Krankheit ein. Auch ich gehe morgens vor dem Aufstehen meine "to do" Liste durch und es ist gut, wenn da Punkte dabei sind, die nichts mit Krebs zu tun haben, und die ich bewältigen kann.
Ein sehr schöner Programmpunkt war heute der achte Geburtstag meines Enkels Philipp!