Donnerstag, 29. September 2016

Gedenktage II

Im Juli denke ich immer an unseren Hochzeitstag. Doch im September gibt es ein fast genauso wichtiges Gedenken: Vor 52 Jahren fragte ich diese junge Dame, ob sie sich ein gemeinsames Leben mit mir vorstellen könnte - und sie sagte Ja!
Eigentlich hatte sie sich das Leben in der Freiheit nach 9 Jahren Klosterinternat zunächst etwas anders vorgestellt, als gleich eine feste Bindung einzugehen. Aber sie blieb immer bei ihrem Ja.
Wenn meine Lebensmonate vermutlich früher aufgebraucht sind als ihre, bekommt sie diese Freiheit wieder. Aber ob sie jetzt noch viel damit anfangen kann, muss ich leider bezweifeln.

Daher verspreche ich, alle vernünftigen Chancen zu nutzen, um noch lange hier zu bleiben!

Mittwoch, 28. September 2016

Überlebenszeit Puzzle

Die Wirksamkeit der Krebsmedikamente wird so getestet: In einer Gruppe von Patienten mit gleicher Krankheit erhält die eine Hälfte das Medikament und die andere Hälfte ein Placebo. Nach angemessener Zeit zieht man Bilanz und ermittelt, wie lange die Patienten mit dem Medikament länger gelebt haben. Bei den Medikamenten die für mich noch infrage kommen, sieht es so aus:
Docetaxel     10 Monate
Cabazitaxel    3 Monate
Zytiga            8 Monate
Xtandi            5 Monate
Da ich 6 Monate schon mit Docetaxel verbraucht habe, bleiben noch 20. Es ist mir klar, dass man eigentlich so nicht rechnen darf. Es sind nur ganz grobe Schätzungen.
Ich verstehe nun meinen Onkologen aber besser, als er mir erklärte, dass Zytiga unter den mir verbleibenden Optionen doch ein wichtiger Baustein ist.
Wir vereinbarten eine 10 tägige Zytigapause und wollen dann sehen, wie mein Kopf auf einen Neustart mit diesem Medikament reagiert.

Montag, 26. September 2016

Zytiga

Irgendwie kriegen wir das nicht aus dem Kopf: Ein Medikament das teuer ist, muss mir auch besonders gut helfen. In diesem Sinne schluckte ich 3 Wochen lang vorschriftsmäßig im Morgengrauen meine 4 Zytiga Tabletten.
Letzten Freitag ging es mir bezüglich Kopf so schlecht, dass ich Zytiga beendet habe und versuche, mich wieder zu erholen. Im Internet findet man:

"Leider ist die Ansprechrate von Zytiga nicht besonders hoch (aus der US Community). Etwa 1/3 sprechen sehr gut an, etwa 1/3 haben eine relative kurzfristige Verlangsamung des PSA Wachstums und bei dem letzen Drittel geht der PSA Wert unvermindert hoch. Es kommt in etwa der Hälfte der Fälle, die auf Zytiga ansprechen, zu einem PSA Flare. Das kann bis zu 12 Wochen dauern bis der PSA Wert dann anfängt zu fallen. Die nicht so gute Ergebnisse kommen deswegen zustande, weil in vielen Fällen der Tumor schon Hormon resistent ist."

Ich könnte mir vorstellen, dass es bei mir zum PSA Anstieg gekommen ist, der die latent schon vorhandenen Kopfprobleme (Sehstörungen im Januar) verstärkt hat.

Freitag, 23. September 2016

Buddhistischer Blog

Besonders dieser Beitrag spricht mich an:
http://psychandresblock.blogspot.de/2016/09/zerfall-im-buddhismus-wird-viel-vom.html
Vielen Dank an Andres für den einfühlsamen Text zum Thema Zerfall! Er trifft genau die Probleme, die mich derzeit bewegen und ich werde diesen Blog genauer verfolgen.

Donnerstag, 22. September 2016

Aufsättigungsbestrahlung

Wie mit dem Lineal gezogen, so geht eine Grenze über meinen Kopf. Den aktuellen Bereich der Gefühllosigkeit (leider nicht nur äußerlich) habe ich hell markiert.
Die Bestrahlungen sind abgeschlossen und es hat sich kaum eine Besserung ergeben. Ich habe wieder einen neuen Begriff gelernt: Es war eine Palliative Aufsättigungsbestrahlung!
Nachdem ich in der zweiten Januarhälfte schon an der Schädelbasis bestrahlt wurde, war diesmal nur noch eine begrenzte "Aufsättigung" möglich.
Allmählich stoße ich nun wohl an Grenzen, wo medizinisch sinnvoll noch was machbar ist, und muss mit diesem Kopf leben.
Um zu wissen, dass es auch schlimmer kommen kann, lese ich:  http://www.krebsmagazin.de/knochenmetastasen-konnen-das-leben-zur-holle-machen/

Allein mit der Angst

Die SZ schreibt heute, dass sich viele Betroffene nach einer Krebsbehandlung orientierungslos fühlen, zumal auf dem Land. Dabei sind regelmäßige Arztgespräche und Untersuchungen lebenswichtig, betont die Bayerische Krebsgesellschaft.
Aus meiner Erfahrung kann ich das nur bestätigen. Die 10 Bestrahlungstermine (teilweise zu "unmöglichen" Zeiten) taten gut, auch wenn sich die gewünschte Wirkung bislang nicht zeigte. Dann ist nächste Woche wieder ein Termin beim Onkologen, wo ich hoffe wieder eine Packung Zytiga (= 1 Monat Überleben) zu bekommen.
Körper und Geist tut es einfach gut, wenn sich jemand kümmert und auch in Notfällen ansprechbar ist. Dafür möchte ich mich einfach mal auf diesem Weg bei allen Beteiligten bedanken.

Dienstag, 20. September 2016

Lebensqualität

Dafür gibt es eine Maßzahl, den Karnofsky-Index, der in Wikipedia so beschrieben ist:
Der Karnofsky-Index ist eine Skala, mit der symptombezogene Einschränkung der Aktivität, Selbstversorgung und Selbstbestimmung bei Patienten mit bösartigen Tumoren bewertet werden können. Sie reicht von maximal 100 Prozent (keinerlei Einschränkungen) bis zu 0 Prozent (Tod). Die Abstufung erfolgt in der Regel in 10-Punkt-Schritten. Somit kann letztlich der abstrakte und schwer fassbare Begriff der Lebensqualität mit einer gewissen Annäherung operationalisiert und standardisiert werden. Zweck des Index ist es, die Prognose einzuschätzen, Therapieziele zu definieren und Therapiepläne zu erstellen. Die Bewertung des Ausgangszustandes des Patienten ist nötig, da sich bei Krebserkrankungen in verschiedenen Stadien unterschiedliche Ziele stellen (Heilung, Lebensverlängerung, funktionelle Restitution, Palliativmedizinische Versorgung) und auch ganz unterschiedlich behandelt werden sollte.

Tabelle

100 %
Keine Beschwerden, keine Zeichen der Krankheit.
90 %
Fähig zu normaler Aktivität, kaum oder geringe Symptome.
80 %
Normale Aktivität mit Anstrengung möglich. Deutliche Symptome.
70 %
Selbstversorgung. Normale Aktivität oder Arbeit nicht möglich.
60 %
Einige Hilfestellung nötig, selbständig in den meisten Bereichen.
50 %
Hilfe und medizinische Versorgung wird oft in Anspruch genommen.
40 %
Behindert. Qualifizierte Hilfe benötigt.
30 %
Schwerbehindert. Hospitalisation erforderlich.
20 %
Schwerkrank. Intensive medizinische Maßnahmen erforderlich.
10 %
Moribund. Unaufhaltsamer körperlicher Verfall.
0 %
Tod.
Vielleicht gehe ich dazu über, in Zukunft die Frage "Wie geht es?" mit einer Zahl zu beantworten. Die Aussage wäre heute um 7Uhr: Dank Zytiga eigentlich fast 100%, wenn da die linke Kopfhälfte nicht wäre, die mich auf gefühlte 85% herunterzieht.

Freitag, 16. September 2016

Ophtalmicus und Maxillarus

So heißen die beiden Nerven, die in meiner linken Gesichtshälfte immer noch durch Knochenmetastasen eingeklemmt sind. Der dritte vom Trigeminus für den Unterkiefer sendet seine Signale. Anatomie ist sicher hochinteressant!
Aber für den Betroffenen ein blödes Gefühl: Kein Gefühl außen um das Auge und im Oberkiefer. Für die Bestrahlungen gilt das Prinzip Hoffnung. Ich muss mich in Geduld üben, oder mich schon damit abfinden, dass die Lebensqualität langsam unwiederbringlich abzubröckeln beginnt?

Bei Problemen mit dem Trigeminus bin ich in guter Gesellschaft, aber nicht in Zusammenhang mit Krebs: Der mir bekannte, ehemalige MdB Ludwig Stiegler wurde wegen Trigeminus Neuralgie - das soll sehr weh tun - vor 10 Jahren operiert. Siehe: http://www.onetz.de/deutschland-und-die-welt-r/archiv/spd-landeschef-nach-operation-wieder-zurueck-im-arbeitsalltag-wie-ein-neues-leben-stiegler-ich-haette-tot-sein-koennen-d1142557.html

Bild aus: Von Henry Vandyke Carter - Henry Gray (1918) Anatomy of the Human Body (See "Buch" section below)Bartleby.com: Gray's Anatomy, Tafel 778, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=526568

Montag, 12. September 2016

Krebsforschung

So zeigte die Süddeutsche Zeitung am Wochenende den Angriff von drei kugelförmigen Immunabwehrzellen auf eine Krebszelle. Noch gelingt dies nur bei wenigen Krebsarten in wenigen Fällen. Es soll Patienten geben, die 100.000 € investieren und dann enttäuscht sind, wenn nur 10 Monate Überleben herauskommen. Also kein Strohhalm, den es sich lohnt zu greifen. Aber die Forscher haben Hoffnung, den Krebs eines Tages doch zu besiegen.
Interessanter finde ich auf der Seite 2 die rechte Spalte: "Sturz aus der Wirklichkeit". Es geht um Psychoonkologie und die Gefahr, dass Todesangst nach der Diagnose dazu führt, sich abzukapseln. Dies versuche ich zu vermeiden!
Gleich hole ich mir meine Tagesration Zytiga - auch nicht gerade billig und frühmorgens nüchtern einzunehmen - und warte immer noch auf eine Wirkung.

Der steinerne Patient

Alfons, der Leiter unserer Selbsthilfegruppe, war für die Brücken unserer Stadt zuständig. Heute gab er eine Führung und berichtete über seinen schwierigsten Patienten, die "steinerne Brücke". Ihre Genesung steht vor dem Abschluss.
Hier ist gelungen, was in der SHG bei vielen nicht mehr möglich ist.
Das wunderschöne Spätsommerwetter stimmt mich melancholisch. Die Störungen im Gesicht lassen die Krankheit nicht vergessen. Ob ich so einen Herbst noch einmal erleben werde? Hoffentlich ist das Wetter ganz scheußlich, wenn ich mich einmal von dieser Welt verabschieden muss!

Samstag, 10. September 2016

Liebe Leser,

ich möchte mich einfach mal für 31.570 Seitenzugriffe - aus welchem Grund auch immer - bedanken. Es tut gut, von so vielen Menschen begleitet zu werden.
Fast hätte ich im Februar das Schreiben schon eingestellt, aber dann hat mich die Chemo, die ich rückblickend schon fast als "Wellness-Chemo" bezeichne, wieder auf die Beine gebracht. Auch der Übergang zu Zytiga nach der Chemo scheint momentan zu klappen, wenn da nicht die Probleme mit dem Schädelknochen wären. Aber das, was er umschließt, scheint noch in Ordnung zu sein.
Muss ich mir meinen Beitrag vor 2 Jahren:
 http://letztabent.blogspot.de/2014/10/beschadigt-weiterleben.html
zu Herzen nehmen und versuchen, das Geschenk dieses wunderschönen Spätsommers mit meiner Frau zu genießen (soweit die Bestrahlungstermine Zeit dazu lassen).

Donnerstag, 8. September 2016

Nervus Trigeminus

Welch ein Kunstwerk der Körper ist, erfahre ich am eigenen Leibe, wenn etwas ausfällt. So lerne ich nun den Nervus trigeminus (siehe Wiki lat., „Drillingsnerv“) kennen. Er führt sensible und motorische Fasern, mit denen er weite Teile des Kopfes erreicht. Diese Fasern werden gebündelt und der Strang muss durch ein Loch im Schädelknochen geführt werden.
Meine Knochenmetastasen sind auch hier überall tätig und haben dieses Loch jetzt so verkleinert, dass der Nerv eingeklemmt wird. Anfänglich war das nur ein Kribbeln in der linken Gesichtshälfte, aus dem aber nun fast eine vollständige Gefühllosigkeit wurde. Es kam mir vor, als hätte die Katze wieder zugebissen, die mich arme kleine Maus erjagt hat.
Ich war froh, dass meine Ärzte den medizinischen Sachverhalt klären konnten und so kein weiterer Raum für Spekulationen war. Vom Onkolgen bekam ich ein hochwirksames Medikament (Dexa, Beipackzettel 1 m lang). Der Strahlentherapeut bereitet eine Bestrahlung vor, wie sie mir schon im Januar bei den Augenproblemen geholfen hat.
Wenn die Oberlippe kein Signal sendet, ist es unmöglich aus einem großen Gefäß zu trinken. Aber der Mensch ist findig und nimmt dann eben einen Trinkhalm, sieht bei einen Radlerhalbe (!) zwar komisch aus, aber es geht. So konnte ich mit meiner Familie doch noch traditionell das Fischlokal auf unserer  Herbstdult besuchen.

Donnerstag, 1. September 2016

Der Anfang vom Ende am Horizont ?

Beim CT Anfang Juni sah man in der Leber einen kleinen Fleck, den es vorher nicht gab. Dieser Fleck hat sich trotz Chemo vergrößert - ist "größenprogredient" schreiben die Ärzte.
Am MITTWOCH, 15. APRIL 2015 habe ich unter dem Thema "Wohin geht die Reise?" meine Krankheit mit einer langen Autobahnfahrt verglichen. Einige Baustellen habe ich ja schon problemlos passiert. Aber dieses Zeichen am Horizont macht mir doch ein bisschen Angst.
Aktuell ist aber erst mal die Chemo abgeschlossen und ab morgen gibt es Zytiga! Das ist eines der modernen, sündhaft teuren Medikamente, die bei mir bislang noch nicht zum Einsatz kamen. Auch mein Onkologe weiß nicht, wie das bei mir wirken wird - es bleibt spannend!