Dienstag, 26. August 2014

„Sterben ist nicht schrecklich“

So lautet der Titel eines Interviews Von Nina von Hardenberg
SZ: Frau Anwar, hat Sie schon mal ein Patient nach einem tödlichen Gift gefragt?
Petra Anwar: Ja, natürlich, das ist ganz häufig. Vor allem bei meinem ersten Besuch bei einem Kranken. Die Leute bekommen in der Klinik ihre Diagnose und werden dann mit dem Satz „Wir können nichts mehr für Sie tun“ entlassen. Dann landen die Menschen in so einem Vakuum, und die Angst baut sich auf. Dann kommt der Gedanke: Lieber alles schnell hinter mich bringen, denn was kommt, kann nur noch schrecklich sein.
Ist das Sterben wirklich so schrecklich?
Das Sterben ist nicht schrecklich, wenn ich Zugang zu Palliativmedizin habe, wenn ich also eingebettet bin in ein sicheres Netzwerk, das mir auch Nestwärme geben kann mit Ärzten und Seelsorgern als Ansprechpartnern. Leider ist das nicht überall so, und dann kann es schon schlimm werden. Dabei will ich jetzt auch nicht so tun, als wäre ich Mrs. Perfekt, und alle können bei mir superselig sterben. Aber wir können schon viel tun.
Was tun Sie denn, wenn ein Kranker sich umbringen will?
Ich frage, wovor er Angst hat. Ich sage: Wir sind bei Ihnen, egal was passiert. Der Pflegedienst kommt jeden Tag gucken, Sie sind völlig abgesichert. Wir schau'n erst mal, ob wir Ihre Leiden nicht so lindern können, dass Sie noch etwas von Ihrem Leben haben. In der Regel relativiert sich dann der Sterbewunsch. Die Menschen gewöhnen sich an ihre Situation, sie fragen auch nicht mehr: „Wie lange noch?“ Sie fühlen sich sicher und kommen irgendwie zur Ruhe. Man ist dann nur sehr selten damit konfrontiert, dass einer sagt, ich kann nicht mehr, ich will jetzt die Spritze haben.
Wann erleben Sie es dennoch? Bei Schmerzen?
Schmerzen sind eigentlich nie ein Grund. Eher der Verlust der Autonomie. Es gibt Patienten, die können es schwer ertragen, wenn sie im Bett liegen und nichts mehr machen können. Das ist aber eher selten. Ich habe das oft bei Patienten mit der Nervenkrankheit ALS erlebt. Da bleibt der Kopf klar, der Körper kann nichts mehr. Sämtliche Muskeln versagen. Diese Patienten sind bis zum Schluss völlig klar. Da machen sich viele Gedanken, ob sie Sterbehilfe in der Schweiz in Anspruch nehmen sollen. Bei Krebspatienten ist das ganz anders. Sie werden immer müder, schlafen immer mehr und schlafen irgendwann ein.

Kann man sich auf diese Aussage verlassen ???

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