Donnerstag, 7. August 2014

Todkranke Ehefrau litt an extremen Schmerzen


"Brutale Schmerzen" Dieser Artikel hat mir heute zu Denken gegeben. Sieht es so aus in der letzten Schlucht?
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Weiden. (ca) Im Prozess gegen den ehemaligen Bauunternehmer Kurt N. aus Bodenwöhr wegen Totschlags gibt es immer mehr Hinweise auf einen gescheiterten gemeinsamen Suizid. Landgerichtspräsident Walter Leupold las aus einem Schreiben des Angeklagten vor: "Wollten in Torbole am Gardasee gemeinsam aus dem Leben gehen." Am Ende ging es seiner todkranken Frau selbst dafür zu schlecht: "Sogar der Felix (eine Anhöhe mit einer Wallfahrtskirche) in Neustadt war zu viel".

Der Hausarzt aus Weiden bestätigte den dramatischen Zustand. Inge N. (61), "eine attraktive Frau, die jünger aussah", war über 20 Jahre seine Patientin. Seit 2011 litt sie an einem Tumor, der operiert wurde. Die Chemotherapie verlief "relativ gut". "Man machte sich Hoffnungen, dass es zur Genesung gekommen war." Im März 2012 ergab eine Nachuntersuchung ein weiteres Fortschreiten des Tumors mit Metastasen im Bauch und entlang der Gefäße. Die Onkologie empfahl eine palliative Chemo, also eine nicht auf Heilung zielende Therapie: "Das war zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr realistisch."

"Es ging ihr ab Juli subjektiv wesentlich schlechter." Die Beine schwollen an, der Bauchumfang nahm durch den Tumor zu. Im August und September musste sie aufgrund innerer Blutungen stationär behandelt werden. Ab Juli waren die Schmerzen so stark, dass sie vom Klinikum mit vier verschiedenen Opiaten versorgt wurde. Der Internist sah sie zum letzten Mal am 22. August und schätzte da ihre Lebenserwartung auf drei bis sechs Wochen. Leupold. "Sie hat also sogar noch länger gelebt, als Sie ihr an Lebenserwartung gaben?" Der Arzt:. Das kann man sagen." Das Verhältnis des Ehepaars sei immer einvernehmlich gewesen. "Er hat mitgelitten."

Kam ein Freitod in Frage? "Jeder in der Situation stellt sich die Frage, ob es die Möglichkeit zum Freitod gibt", sagt der Internist. Das Einwachsen des Tumors in das Nervengeflecht verursache extreme Schmerzen. Schmerzen, die nicht immer gelindert werden können, wie Prof. Dr. Peter Betz, Rechtsmediziner aus Erlangen, wusste: "Gerade Tumorschmerzen sind ganz brutal. Sie können mit der Konzentration der Morphine schon hochgehen, aber das ist immer eine Gratwanderung zwischen Atemlähmung und Schmerzempfinden."

Sein Kollege Prof. Dr. Stephan Seidl hatte die Leiche obduziert. Er stellte zwei Schädeldurchschüsse fest. Dabei wurde die Pistole, eine Derringer, an der rechten Schläfe aufgesetzt. Der Schusskanal beider Schüsse laufe erstaunlich parallel etwas nach oben. Für Institutsleiter Prof. Betz "spricht das mehr dafür, dass die Schüsse von einer Person ausgeführt worden sind". Der dritte Schuss erfolgte mit zeitlichem Abstand mit dem Revolver in den Nacken und durchschlug Rückenmark und Hals.

Bei der Festnahme in München hatte der 64-Jährige Polizisten den Tatablauf geschildert. Seine Frau habe an starken Schmerzschüben gelitten. Am Vortag habe sie versucht, die Pistole abzudrücken, war aber zu schwach. Einen Notarzt wollte sie nicht. "Sie wollte keinen Arzt mehr sehen, kein Krankenhaus und keine Chemo." Schon länger sei Suizid ein Thema gewesen. "Das hat sich zugespitzt", gibt ein Kripobeamter die Aussagen von Kurt N. wieder.

Als nachts erneut ein Schmerzschub auftrat, habe sie ihren Mann um Hilfe angefleht. Beim Verlassen des Schlafzimmers habe er hinter sich den Schuss gehört. Seine Frau sei schwer verletzt und röchelnd auf dem Bett gelegen. Daraufhin habe er ihr die Pistole aus der Hand genommen und in die Schläfe geschossen. Als sie noch immer nach Luft schnappte, habe er aus dem Tresor im Untergeschoss seinen Revolver geholt, um "das Leiden zu beenden".

Ein plausibler Tathergang? Durchaus, meinen die Rechtsmediziner. Nur in einem Punkt könnte sich der Angeklagte geirrt haben: Die Patientin war möglicherweise schon nach dem ersten Schuss tot. Betz: "Laien denken immer: Der röchelt, also lebt er noch. Aber das kann finale Schnappatmung sein, der Hirntod liegt da längst vor. Es dauert nach einem Schädelbasisbruch eine gewisse Zeit, bis Blut in die Luftröhre fließt." Die DNA-Spuren an der Pistole halfen nicht weiter. Sie sind von Inge N. Das könne laut Rechtsmedizin aber auch am "Blutstaub" liegen.

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